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10 ERP-Trends für 2019, die Sie kennen sollten

20.12.2018 - Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz, Produktion, Forschung

Eigene Bearbeitung mit Pixabay/Pexels & thinkstock/Serghei Platonov
Eigene Bearbeitung mit Pixabay/Pexels & thinkstock/Serghei Platonov

Die Konzepte im Umfeld von Industrie 4.0 fallen bei den Unternehmen auf fruchtbaren Boden. Wir verdanken das nicht zuletzt der fortgesetzten Arbeit der Plattform Industrie 4.0, Forschungseinrichtungen und den Anwendern selbst.

Sie engagieren sich in Projekten, bauen gemeinsam mit Partnern Testbeds und arbeiten an der für die Vernetzung und Automatisierung notwendigen Standardisierung von Daten (Verwaltungsschale einer Industrie 4.0 Komponente) und Kommunikation (OPC UA als Kommunikationsstandard). Auch international nimmt das Thema Fahrt auf. Kooperationen zwischen länderspezifischen Inititiativen im globalen Rahmen tragen erste Früchte.

Dem erreichten Fortschritt in technologischer und anwendungsorientierter Hinsicht müssen die beteiligten Softwaresysteme natürlich Rechnung tragen. An vorderster Front stehen hier in der Fertigungsindustrie natürlich ERP-Lösungen und Manufacturing-Execution-Systeme (MES).

1. Shopfloor-Integration

Immer bedeutsamer für die Digitalisierung der Prozesse in der Fertigungsindustrie wird ein freier und ungehinderter Datenfluss von den Anlagen und Systemen in der Fabrik bis zum ERP-System und zurück. Neben der Standardisierung der Daten und Kommunikation kommt es aber genauso darauf an, die Produktionstechnik entsprechend auszurüsten. Als Stichwort genannt sei hier die Nachautomatisierung von Altanlagen und -Maschinen.

Die zunehmende Automatisierung der Prozesse bis hin zu einer zukünftig möglichen Aushandlung von "Lieferverträgen" zwischen Maschinen kann nur funktionieren, wenn alle beteiligten Partner über die notwendigen, aktuellen und vor allem digitalen Informationen verfügen.

ERP-Systeme bilden nach wie vor die Basis der Auftragsabwicklung und geben allen Aktivitäten in der Fabrik den Kontext, in dem sie zu verstehen sind. Demzufolge wird es kurzfristig auch darauf ankommen, die Integration des Shopfloors mit dem ERP-System massiv voran zu treiben. In diesem Zusammenhang zu sehen ist auch die Verschmelzung von Produktion und Logistik. "Manufacturing Execution" wird mehr und mehr zu "Manufacturing & Logistic Execution". Nur mit zeitsynchronen Auftrags-, Produktions- und Maschinendaten kann es gelingen, auf allen Ebenen Transparenz zu erreichen und die Prozesse zu beherrschen.

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2. Der digitale Zwilling als Repräsentant des Internet of Production

Konsequent zu Ende gedacht bedeutet die fortschreitende Integration und Vernetzung des Shopfloors mit allen Systemen über alle Ebenen, dass kontinuierlich ein digitales Abbild des Produktionssystems und der darin gefertigten Produkte entsteht. Schon heute ist es möglich, die digitale Fabrik zu beschreiben und eine Vielzahl an Daten zu sammeln. Dies gilt gleichermaßen für die Produkte, die in ihr hergestellt werden.

Diese Daten stehen zunehmend übergreifend z. B. zur Umsetzung neuer Geschäfts- und Betriebsmodelle zur Verfügung. Internettechnologie (IIoT - Industrial Internet of Things) spielt dabei eine führende Rolle. Nicht nur bei der Vernetzung, sondern auch bei der Bereitstellung von Technologien (z. B. Künstliche Intelligenz) und Rechenleistung. ERP-Systeme als Führungssystem der produzierenden Unternehmen liefern schon heute einen wesentlichen Teil der benötigten Informationen.

Schon heute ist es möglich, die digitale Fabrik zu beschreiben und eine Vielzahl an Daten zu sammeln. Dies gilt gleichermaßen für die Produkte, die in ihr hergestellt werden.

Die einlaufenden Produkte (Rohmaterialien, Halbzeuge, Baugruppen) bringen bereits ihre Informationen aus der Produktentwicklung mit. Im Verlauf der weiteren Bearbeitung werden diesen Informationen weitere Prozess- und Bearbeitungsdaten hinzugefügt. Aus diesen Daten wird auf diesem Wege eine individuelle Instanz eines Erzeugnisses, das wiederum in weitere Erzeugnisse eingehen kann und seinen "Lebenslauf" mitbringt. Mit dem Übergang in die Nutzung der Erzeugnisse können weitere Daten entstehen, die ihrerseits auch Teil des Lebenslaufes eines Produktes werden und vielfältig genutzt werden können z. B. zur Überwachung oder Wartung.

So wie die Produkte eine digitale Repräsentanz haben, besitzt das Produktionssystem dieses Abbild gleichermaßen. Hier kommt es darauf an, den Zustand fortlaufend zu überwachen und den Output in jeglicher Hinsicht sicher zu stellen. Die Nutzung der anfallenden Daten für vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) ist dabei nur ein Aspekt.

Der digitale Zwilling konsolidiert letztendlich alle Informationen aus sämtlichen Quellen und stellt diese sicher und kontrolliert für die Nutzung zur Verfügung.

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3. Analytics & Künstliche Intelligenz

Kaum ein Thema ist in der letzten Zeit so stark diskutiert worden wie "Künstliche Intelligenz (KI)". Allen Diskussionen gemeinsam ist, dass sich alle Beteiligten relativ sicher sind, dass KI nutzbringend einsetzbar sein wird (auch in ERP-Systemen). Allein fehlt es oft an den schillernden Stories über die erfolgreiche Nutzung. Während in anderen Industrien (Banken, Versicherungen, Energieversorger) solche Techniken teilweise seit Jahrzehnten in verschiedenen Anwendungsfällen eingesetzt werden, hinkt die Fertigungsindustrie bis auf wenige Ausnahmen hinterher. Beispiele für die erfolgreiche Anwendung gibt es dennoch.

Industrielle Intelligenz

Ausgewählte Beispiele für Künstliche Intelligenz (KI) in industriellen Anwendungen.

Die Reihenfolgebildung von Erzeugnissen auf der Basis einer Vielzahl von Restriktionen in einem kontinuierlichen Fertigungsprozess entzieht sich einer rein analytischen Betrachtung allein durch die vollständige Anzahl der möglichen Optionen. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Bilderkennung und die Nutzung zur Qualitätssicherung oder auch Sortierung von Endprodukten in einer Serienfertigung. Auch die Sprachsteuerung und -erkennung (Natural Language Recognition) hat eine Reife erreicht, die eine breite Nutzung in ERP-Systemen bereits in nächster Zukunft erlaubt. Pick-by-Voice Lösungen unterstützen Kommisionierprozesse seit langem.

Es kommt somit in der nächsten Zeit darauf an, Anwendungsfälle zu identifizieren und schrittweise Lösungen zu entwickeln. Geeignet sind solche Technologien besonders dort, wo eine Vielzahl von Daten zeitsynchron zur Verfügung stehen und die Zusammenhänge durch eine einfache Betrachtung nicht erkennbar sind. Die Datenbasis kann beispielsweise durch digitale Zwillinge des Produktionssystems oder der Erzeugnisse bereitgestellt werden.

Methoden für Vorhersagen und Empfehlungen können bereits heute rein analytische Lösungen sinnvoll ergänzen (Wartung, Qualitätsmanagement, Entscheidungsunterstützung). Anwendungen können diese Methoden in Kürze auch bei der Ermittlung von Lagerreichweiten oder bei der Nachschubsteuerung nutzen. Die Rechenleistung für Deep- oder Machine-Learning Algorithmen oder die Bilderkennung in Echtzeit steht jedenfalls zur Verfügung. Leistungsfähige Frameworks sind bereits vorhanden.

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4. Mobile - Das ERP wird (noch) mobiler

Der Drang nach der Mobilisierung der Prozesse in der Produktion und Logistik ist ungebrochen. Mit der zunehmenden Bedeutung von Daten für die effiziente und realzeitige Beeinflussung der Wertschöpfung ist es immer wichtiger, die Daten am Ort der Entstehung zu erfassen oder zu verwerten.

Die Technologien auf der Seite der mobilen Geräte sind verfügbar und gut eingeführt. Webservices und Internettechniken sind hier State-of-the-Art. Die Rechenleistung und Bildschirmgrößen heute üblicher Smartphones erlauben die komfortable Bedienung von auf diese Umgebung angepassten Anwendungen. Auf der anderen Seite stehen allerdings noch die teilweise sehr monolithischen ERP-Systeme. Diese massiven Funktionsblöcke müssen aufgebrochen und für die mobile Nutzung verwendbar gemacht werden. Es kommt darauf an, genau die Daten und Funktionen im Zugriff zu haben, die für die Lösung einer Aufgabe benötigt werden und nicht das komplette System.

Mit der zunehmenden Bedeutung von Daten für die effiziente und realzeitige Beeinflussung der Wertschöpfung ist es immer wichtiger, die Daten am Ort der Entstehung zu erfassen oder zu verwerten.

Die Anwendungsbereiche mobiler Lösungen sind vielfältig. Weit verbreitet sind bereits Lösungen für das Kundenbeziehungsmanagement (CRM) oder in der Materialwirtschaft.

Die nächsten Anwendungsgebiete sind die datenbasierten Entscheidungs- und Managementprozesse sowie die Unterstützung der zunehmend mobilen Mitarbeiter. Es ist längst nicht mehr nur schick, auf die Backend-Systeme mobil zuzugreifen, sondern unter heutigen Wettbewerbsbedingungen vielfach gar nicht anders möglich. Beispiel sind hier Mitarbeiter im Service von Maschinen und Anlagen, die beim Kunden die Technik warten oder reparieren. Die mobilen Anwendungen erlauben hierbei z. B. eine massive Verkürzung der Lieferzeiten für Ersatzteile. Zudem sind die Systeme schneller wieder verfügbar. Für die Anwender der Systeme ist die Verfügbarkeit eine der wichtigsten Kenngrößen und somit für den Lieferanten existenziell. 

Letztlich ist die Erhöhung der Bearbeitungsgeschwindigkeit im Tagesgeschäft einer der Treiber für die zielgerichtete Mobilisierung der Prozesse in der Produktion und Wartung und damit eben auch ein wichtiges Thema bei der Weiterentwicklung von ERP-Lösungen.

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5. Schnittstellen & Plattformen - Der Aufstieg der digitalen Plattformen

Die Digitalisierung erfordert eine tiefe Integration der Systeme und Prozesse bei gleichzeitig stark gestiegen Anforderungen an die Flexibilität oder Agilität. Auf den ersten Blick klingt das wie ein Widerspruch in sich.

Genau hier kommen Plattformen und Netzwerke ins Spiel. Die Verbindung von Leistungsangebot und der dazu gehörigen Nachfrage über Vermittler kann standardisiert abgewickelt werden. Diese Vermittler können als Markplatz oder als Konnektor agieren. Beispiele dafür sind z. B. der Industrial Dataspace (IDS) als Datenraum und Automatisierer von Geschäftsprozessen oder die myopenfactory-Plattform als standardsierte Schnittstelle zwischen Geschäftspartnern.

ERP-Systeme agieren als Anbieter und Nachfrager von Leistungen oder Material und müssen in der Lage sein, sich mit derartigen Plattformen zu verbinden. Genauso wie bei mobilen Anwendungen müssen hier die Funktionen und Daten sicher und stabil verfügbar gemacht werden. Neben diesen typischerweise unternehmensübergreifenden Anwendungen gilt das natürlich ebenso für die innerbetriebliche Abwicklung der wertschöpfenden Prozesse. Hier stellt das ERP-System selbst die Plattform für die Abwicklung nach innen zur Verfügung.

Plattformen stellen mehr und mehr Dienste zur Verfügung, die für die Generierung zusätzlicher Services genutzt werden können. Beispielhaft genannt seien hier Dienste im Umfeld künstlicher Intelligenz oder die Anbindung von IoT-Geräten an die Unternehmenssoftware. Gerade der zweite Anwendungsfall spielt eine extrem große Rolle bei der Definition und Umsetzung neuer Geschäftsmodelle und betrifft somit in hohem Maße auch ERP-Systeme.

Grundsätzlich müssen ERP-Systeme für eine Integration externer Services aus digitalen Plattformen technologische Standards, wie z. B. REST-Services unterstützen. Zudem sollten die Abläufe und Workflows in den ERP-Anwendungen so konzipiert sein, dass sie sich flexibel an neue Gegebenheiten anpassen lassen.

Mittelfristig können dann Smart Contracts und die Benutzung von Distributed-Ledger-Technologien wie z. B. Blockchain für die Aushandlung von Verträgen zwischen Anbietern und Nachfragern angewendet werden.

Der Industrial Data Space als Bindeglied zwischen digitaler Produktion/Logistik und Smart Services (Quelle: Mbsnom/Wikimedia Commons: commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=62453093)
Der Industrial Data Space als Bindeglied zwischen digitaler Produktion/Logistik und Smart Services (Quelle: Mbsnom/Wikimedia Commons: commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=62453093)

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6. Stammdatenmanagement - wichtiger denn je

Der Erfolg oder Misserfolg von Digitalisierungsbemühungen hängt in hohem Maße von den Daten ab, die zwischen den Partnern in den Wertschöpfungsnetzwerken ausgetauscht werden.

Eine Automatisierung von Prozessen ist ohne eine verlässliche Datenbasis nicht möglich. Erst die Vollständigkeit und Richtigkeit von Stammdaten macht die Digitalisierung möglich.

Es kommt also, neben der organisatorischen Verankerung in den Unternehmen, darauf an, die Prozesse zur Anlage, Pflege und Harmonisierung von Stammdaten insbesondere in ERP-Systemen kontrolliert, stabil und sicher ablaufen zu lassen.

ERP-Systeme halten eine Vielzahl von relevanten Stammdaten: Artikeldaten, Lieferanten, Kunden, Chargen, Seriennummern, Kommunikationsdaten, Klassifiktionsdaten und viele mehr. Ein großer Teil davon bestimmt entweder den Endpunkt einer Kommunikationsstrecke (z. B. Kunden, Lieferanten, Marktplätze) oder beschreibt ein Produkt eindeutig.

Der Erfolg oder Misserfolg von Digitalisierungsbemühungen hängt in hohem Maße von den Daten ab, die zwischen den Partnern in den Wertschöpfungsnetzwerken ausgetauscht werden.

Mit Hilfe intelligenter Algorithmen können z. B. Dubletten erkannt werden. Hierzu eignen sich strukturierte Daten in besonderem Maße. Aber auch unstrukturierte Daten (Texte, Bilder, Zeichungen, Video, Sprachaufzeichnungen) können zunehmend verwendet werden - NLP (Natural Language Processing), OCR (Online Charakter Recognition) oder Bilderkennung stehen hier als Technologien zur Verfügung.

Definierte und kontrolliert ablaufende Workflows und vorgegebene Wertebereiche unterstützen bei der Anlage und Pflege der Daten. Auch das wird mittlerweile von ERP-Systemen erwartet. Unterstützend bei der Erhaltung der Datenqualität sind Kopplungen zu Online-Bibliotheken und die Nutzung standardisierter Beschreibungsformen. Gerade bei Produktklassifikationen existieren einige gängige Standards wie z. B. eCl@ss und IEC 61360.

Einer der kritischen Erfolgsfaktoren für die Digitalisierung ist die Datenqualität im ERP-System. Je früher hier qualitative Maßnahmen ergriffen werden, desto weniger wird die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen behindert.

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7. Usability ist mehr als nur GUI

Die oftmals über Jahre gewachsenen Funktionalitäten in den etablierten ERP-Systemen verursachen eine, zumindest gelegentlich, hohe Komplexität die schwer zu durchschauen ist.

Es geht dabei nicht nur um die Benutzerführung an der Oberfläche, sondern auch um die internen Abläufe und Eingaben. Genau hier setzen moderne Systeme an. Zum einen werden die Oberflächen selbst modernisiert und zum anderen werden sogenannte Pflichteingaben überprüft und ggf. vorbelegt. In einer nicht mehr allzu fernen Zukunft generiert sich das User Interface möglicherweise selbst, indem Daten und Prozesse durch KI-Methoden analysiert und situativ gesteuert dem Anwender präsentiert werden.

Zusammenhängende Informationen müssen auch zusammenhängend dargestellt werden. Es kommt dabei auf die Möglichkeit der Konfiguration dieser Zusammenhänge an. Nicht jedes Unternehmen hat die gleichen Prozesse bzw. die Anwender haben unterschiedliche Vorlieben, Arbeitsweisen und Informationsbedürfnisse.

Die Verständlichkeit und Selbstbeschreibungsfähigkeit muss schrittweise an die Usability von Consumer-Anwendungen wie z. B. auf Smartphones angepasst werden. Hier kommt es nicht auf die allumfassende, sondern die punktgenaue Information zum Treffen einer Entscheidung an.

Die modernen und heute verfügbaren Interaktionsmöglichkeiten mit der Funktionalität des ERP-Backends müssen mehr und mehr unterstützt werden. Dazu gehören eben auch Touchbedienung, Responsive Design oder Sprachsteuerung.

Die Benutzerführung auch komplexer Anwendungen, wie z. B. von ERP-Systemen, müssen  zunehmend auch zu einem Erlebnis werden. Das sind die Anbieter den Anwendern schon heute schuldig.

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8. Cloud-Computing sinnvoll nutzen

An sich ist Cloud-Computing nichts prinzipiell Neues. Auch in der Vergangenheit wurden IT-Lösungen oder Teile davon von entsprechenden Dienstleistern bezogen. Es ging hierbei primär um die Auslagerung des Rechenzentrums und das Einsparen von hohen Anfangs- und Unterhaltungsinvestitionen.

Heute geht es nicht mehr nur um Infrastrukturen oder virtuelle Maschinen, sondern um den Bezug von Leistungen aus einer Cloud. Es kann sich hier um Dienste oder Rechenleistung handeln.

ERP-Systeme müssen für den Weg in die Cloud fit gemacht werden. Dies ist ein langwieriger Prozess, der oft auch in komplett neuen und damit aber auch modernen Architekturen mündet. Dem gegenüber stehen die kurzfristiger machbaren "Lift & Shift"-Strategien. Hier werden die Anwendungen quasi nur in die Cloud verschoben. Die Potentiale und die Flexibiltät der Cloud-Plattformen werden allerdings nicht oder nur kaum genutzt. Das Interesse, ERP-Systeme auf diese Art bereitzustellen, nimmt zu. Mit der hohen Verfügbarkeit von Infrastrukturen (IaaS: Infrastrucure as a Service) ist das bereits heute relativ unkompliziert möglich.

Es wird darauf ankommen, bestimmte Prozesse und Anwendungen neu zu gestalten und dabei Cloud-Anwendungen bzw. geeignete Technologien zu nutzen. Im ERP-Umfeld sind das etwa die Anbindung von IoT-Devices oder die Verwendung von KI-Services. Zeitkritische Anwendungen können quasi am Rand ("Edge") des Produktionssystems als Controller betrieben werden. Die Daten werden dann in eine private Cloud transferiert und weiter verarbeitet ("Fog"). Die Herausforderung besteht in der Synchronisation der Daten auf den verschiedenen Ebenen zwischen dem Produktionsprozess oder der Nutzung und der dazugehörigen Cloud-Anwendung.

Eine zentrale Frage für 2019: Wie macht man ERP-Systeme fit für die Cloud? Bild: Pixabay/geralt
Eine zentrale Frage für 2019: Wie macht man ERP-Systeme fit für die Cloud? Bild: Pixabay/geralt

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9. Datenschutz in einer vernetzten Welt

Mit der Vernetzung einher geht die Öffnung der Systeme zur Kommunikation und dem Datenaustausch zwischen Maschinen, Softwaresystemen oder Geschäftspartnern im Allgemeinen. Bei der Übertragung von Daten ist in jedem Fall sicherzustellen, dass die Daten bestimmungsgemäß verwendet werden, nur den vorgesehenen Kommunikationspartnern zur Verfügung stehen und nicht verfälscht oder gar missbraucht werden können. Neben den technischen Anforderungen müssen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Stichworte sind hier die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) oder der Schutz des Urheberrechts (IP - Intellectual Properties). Im schlimmsten Fall kann es bei Unterlassung entsprechender Maßnahmen bis zur Strafverfolgung kommen.

Der Bedarf an Kommunikation in der digitalen Welt wird sich vervielfachen. ERP-Systeme hosten eine Unmenge an Daten, die für die Abwicklung digitaler Geschäftsmodelle notwendig sind und müssen diese somit auch gesichert, zeitgerecht und unterbrechungsfrei zur Verfügung stellen können. Damit ergeben sich stetig wachsende Anforderungen an die Datensicherheit und den Schutz der Daten. Gesicherte Kommunikationswege sind nur eine Seite der Medaille. In gleichem Maße müssen die Systeme auch gegen Angriffe jedweder Art geschützt werden.

Die Erfüllung der Anforderungen für eine "Security by Design" bedarf einer Vielzahl an Maßnahmen technischer und organisatorischer Art. Die durchgehende Digitalisierung kann nur mit gesichertem Ende-zu-Ende-Datenaustausch gelingen. Die Identitäten der Nutzer, Humans und Non-Humans, müssen sicher erkennbar sein und es ist ein entsprechendes Rechtemanagement zu etablieren (Authentifikation und Autorisierung). Es geht darüber hinaus aber auch um Risiko-Abschätzungen und Maßnahmen, um beispielsweise potenziellen Datenverlust zu verhindern. ERP-Systeme spielen im Umfeld der gesamten Industrial IT eine wesentliche Rolle. 

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10. RPA & Workflowmanagement - Prozesse unter Kontrolle

Robotic Process Automation (RPA) rückt mehr und mehr in den Fokus der Unternehmen. Verspricht doch die Idee dahinter, die Automatisierung von Prozessen (also Aufgaben und Workflows), einen hohen Nutzen und Stabilität bei der Abwicklung insbesondere unternehmenskritischer Prozesse. Zudem wird auch eine Verbesserung der Qualität erwartet. Das ist grundsätzlich auch richtig. Häufig bleiben aber die Ergebnisse hinter den hohen Erwartungen zurück. Es kommt darauf an, die "richtigen" Prozesse zu identifizieren und klein anzufangen. Die Hoffnung, einen globalen und großen Ansatz in angemessener Zeit und mit vertretbaren Kosten umzusetzen, wird, wie auch bei anderen Digitalisierungsprojekten, nicht erfüllt werden.

Was sind nun die "richtigen" Prozesse? Am erfolgversprechendsten sind Prozesse, deren Abläufe auf festen Regeln basieren und hochgradig standardisiert sind. Die Prozesse sollten nicht zu komplex sein, da Änderungen dann einen deutlich größeren Einfluss haben und viel mehr Aspekte berücksichtigt werden müssen. Die mögliche Flexibilität geht damit ebenfalls verloren. Der Erfolg der Aktivitäten muss mit klar definierten Messgrößen verifiziert werden.

Die größten Potentiale schlummern bei Prozessen, die über mehrere Systeme hinweg gehen und heute durch Medienbrüche unnötig komplex oder aufwändig in der Abwicklung sind.

Eine wesentliche Anforderung für den Einsatz der Technologie ist die Fähigkeit der beteiligten Systeme (nicht nur ERP!), ihre Funktionen und Daten als Services in einer angemessenen Granularität zur Verfügung zu stellen. Die Services (API) müssen eindeutig beschrieben sein (Input, Funktion, Output). Damit sind dann eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten für eine Workflow-Engine verfügbar. Die Engine dient dabei der Orchestrierung der angebotenen Services. Bei der Beschreibung der Prozesse wird auf eine standardiserte Notation zurückgegriffen. Hier bietet sich beispielsweise BPMN an.

Die größten Potentiale schlummern bei Prozessen, die über mehrere Systeme hinweg gehen und heute durch Medienbrüche unnötig komplex oder aufwändig in der Abwicklung sind. Natürlich sind die Voraussetzungen dann von allen beteiligten Systemen zu erfüllen. Im übrigen ist RPA nicht nur auf Softwaresysteme im engeren Sinne beschränkt. Auch die Integration von Steuerungen oder Werkzeugen im Shopfloor ist möglich, z. B. durch die Einstellung von Betriebsparametern.

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Portrait Karl Tröger

Karl Tröger

Business Development Manager PSI Automotive & Industry GmbH

Seit mehr als 20 Jahren ist Karl Tröger bei der PSI Automotive & Industry. In dieser Zeit hat er sich mit allen Aspekten von ERP-Software befasst und war in führenden Positionen in Entwicklung, Beratung und Marketing tätig. Heute versteht er sich als Bindeglied zwischen Kunden, Markt, Wissenschaft sowie Software-Entwicklung und Marketing. Der Diplom-Ingenieur der Elektronik und Nachrichtentechnik ist an der von der Bundesregierung initiierten Plattform Industrie 4.0 beteiligt und veröffentlicht regelmäßig vielbeachtete Publikationen über die Zukunft von fertigungsnaher Software.

+49 30 2801-2003
ktroeger@psi.de

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