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10 ERP-Trends für 2020: Was Sie wissen sollten

19.12.2019 - Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz, Produktion

ERP-Trends 2020 © Gorodenkoff/iStock
ERP-Trends 2020 © Gorodenkoff/iStock

Digitalisierung und Smart Factory sind in der deutschen Industrie angekommen. 48% der Unternehmen (Statista) hatten im Jahr 2019 Industrie 4.0-Projekte in der Umsetzung. Nun kommt es darauf an, Leuchtturmprojekte zu evaluieren und die Digitalisierung über die gesamte Wertschöpfungskette auszurollen. Die folgenden Trends werden 2020 dabei eine wichtige Rolle spielen:

1. Aus RPA wird CPA: Prozessautomatisierung wird intelligenter

Das Thema Robotic Process Automation (RPA) wird bereits seit geraumer Zeit diskutiert. Gerade im Umfeld von ERP-Systemen als zentralem Werkzeug zur Steuerung der Produktion und zur Unterstützung der damit verbundenen Prozesse sind die Nutzenpotentiale außerordentlich hoch.

Die Technologie ist in den letzten Monaten reifer geworden und das Know-How für die Implementierung steht in produzierenden Unternehmen auf einer immer breiteren Basis. Häufig bleiben die Ergebnisse der entsprechenden Initiativen aber hinter den hohen Erwartungen zurück. Es kommt darauf an, die "richtigen" Prozesse zu identifizieren und mit Piloten anzufangen. Die Hoffnung, einen globalen und großen Ansatz in angemessener Zeit und mit vertretbaren Kosten umzusetzen wird, wie auch bei anderen Digitalisierungsprojekten, nicht erfüllt werden.

Zusätzlich zur Steuerung über die Benutzeroberfläche kann RPA ein System auch über eine standardisierte Schnittstelle ansprechen. Ein zusätzlicher Anwendungsfall entsteht, wenn die beteiligten Systeme über das ERP hinaus, ihre Funktionen und Daten als granulare Services zur Verfügung stellen. Damit sind dann eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten für die Ablaufsteuerung (Workflow-Engine) verfügbar. Die Engine dient dabei der Orchestrierung der angebotenen Services. Anwendungsfälle wie Testautomatisierung und Systemintegration werden ermöglicht.

Produktionsprozesse mit Workflows steuern & optimieren

Eine Erweiterung von RPA ist Cognitive Process Automation (CPA). Diese verbindet RPA mit KI-Methoden und ist auf die wissensbasierte Ablaufsteuerung fokussiert. Beispiele sind Abfrageprozeduren bei Servicefällen oder auch die Überwachung von Dateneingaben im Umfeld der Stamm- und Bewegungsdaten. Das System lernt typische und sinnvolle Dateneingaben und kann den Anwender im Moment der Eingabe auf unplausible Konstellationen aufmerksam machen. Denkbar sind auch komplett automatisch ablaufende Prozesse. In diesem Fall erkennt und lernt das System bestimmte Zusammenhänge und leitet daraus die nächsten Arbeitsschritte ab. In diese Kategorie fallen im weiteren Sinne auch Bots.

2. Digitale Ethik: Transparenz und Nachvollziehbarkeit schaffen Vertrauen

Mit der fortschreitenden Anwendung von Algorithmen für die unterschiedlichsten Anwendungsfälle in wertschöpfenden Prozessen entstehen teilweise Intransparenzen, während die Komplexität der Systeme selbst steigt und das Verständnis für die Ergebnisse bzw. Handlungsempfehlungen algorithmischer Systeme.

Die Anbieter solcher Systeme bzw. die Systemintegratoren, die beispielsweise Algorithmen der Künstlichen Intelligenz (KI) auch in ERP- und ME-Systemen anwenden, müssen sich zukünftig neben den technologischen Aspekten auch mit ethischen und sozio-ökonomischen Faktoren auseinandersetzen.

Das große Unterstützungspotential der Technologien, z.B. bei der Überwindung der kognitiven Schranke des Menschen bei der Verarbeitung riesiger Datenmengen, ist unbestritten. Mit der Verbreitung der Algorithmen in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen kommen neue Anforderungen auf die Anwender und Anbieter zu. Klare Regeln im Umgang mit den Daten und insbesondere den Ergebnissen aus den algorithmischen Systemen sind daher notwendig. Nachvollziehbarkeit und Transparenz muss für alle beteiligten Akteure sichergestellt werden. Auf diese Weise entsteht auch Vertrauen in die Lösungen und die Akzeptanz der Ergebnisse steigt. Die Unterstützung der Lernprozesse von KI-Anwendungen muss objektiv und frei von subjektiven Einflüssen sein. Dies gilt umso mehr, sobald personenbezogene Daten verwendet werden.

Die zukünftige Entwicklung von Leitlinien und die Übernahme von Verantwortung für die Daten und Algorithmen ist ein dauerhafter Prozess. Mit klaren Verantwortlichkeiten und dem gleichen Verständnis über die Rahmenbedingungen wird ein kontinuierlicher Informationsaustausch zwischen den relevanten Akteuren möglich und die Qualität der Ergebnisse der angewendeten Methoden erhöht.

3. Verschmelzung von Produktionstechnik und IT

Die Durchgängigkeit aller Prozesse vom ERP-Level bis an die Maschine und zurück ist einer der Treiber der Industrie 4.0 Aktivitäten. Damit geht schrittweise die strikte Trennung zwischen allen Ebenen eines Produktionssystems (Automatisierungspyramide) verloren. Die Systeme sind zunehmend in der Lage, sich dynamisch zu vernetzen. Das betrifft nicht nur die klassische Bürowelt, sondern auch die Produktionstechnik. Die Vernetzung aller Teilnehmer wird mit der zunehmenden Autonomie und Wandelbarkeit der Fertigung zum erfolgskritischen Faktor.

Automatisierungspyramide der Ebenen in der industriellen Fertigung. ©Wikipedia/UlrichAAB
Automatisierungspyramide der Ebenen in der industriellen Fertigung. ©Wikipedia/UlrichAAB

Eine der wesentlichen Anforderungen an ERP und MES ist somit deren Fähigkeit zur Vernetzung mit allen Systemen, Komponenten und Devices im Shopfloor. Nur so ist ein kontinuierliches Monitoring des Zustandes eines Produktionssystems möglich. Die Kommunikation sollte auf standardisierten Informationsmodellen und Kommunikationsprotokollen basieren (z.B. OPC UA).

Gerade Produktionssteuerungssystememüssen in diesen Integrationsszenarien in die Lage versetzt werden, den Zustand der Produktionstechnik zu erkennen. Es geht dabei nicht mehr nur um "läuft / läuft nicht", sondern um detaillierte Sichten auf Maschinen und Anlagen. Dies kann mit der Implementierung von Zustandsmaschinen in den Steuerungen und MES erreicht werden (z.B. Zustandsmaschine nach PackML).

Die Stationen und Komponenten einer Anlage werden mehr und mehr über eine standardisierte Beschreibungsform, die Verwaltungsschale einer Industrie 4.0-Komponente, verfügen. Diese muss durch ERP & MES interpretiert werden können. Zusätzlich müssen diefür die Produktionsplanung relevanten Informationen zur Verfügbarkeit einer Anlage oder technologische Informationen genutzt werden können.

Generell geht es um die Herstellung der Interoperabilität zwischen allen Komponenten und Softwaresystemen mit dem Ziel der Verschmelzung von Operational Technology (OT) und der Informationstechnik (IT) zu einer OT-Plattform. Die Transparenz aller Prozesse steigt und neue Einblicke in den gesamten Produktlebenszyklus werden möglich. Nicht zuletzt kann die Datenbasis aus Informationen über die Produktion vergrößert werden und intelligenten Algorithmen nutzen diese Daten beispielsweise für Wartungsaufgaben und zur Sicherstellung einer hohen Produktqualität.

4. ERP als Plattform für Produktion

Die Digitalisierung erfordert eine tiefe Integration der Systeme und Prozesse bei gleichzeitig stark gestiegen Anforderungen an die Flexibilität oder Agilität. Auf den ersten Blick klingt das wie ein Widerspruch in sich.

ERP-Systeme agieren als Anbieter und Nachfrager von Leistungen oder Material und müssen in der Lage sein, gemeinsam mit MES, als Plattform für die Durchführung aller notwendigen Aktivitäten zu dienen.

Dazu gehört eine massiv gestiegene Fähigkeit zur Vernetzung mit der Produktionstechnik und weiteren Services. Diese können cloudbasiert oder auch On-Premise verfügbar sein. Bereitgestellte Funktionalität ist zukünftig nicht mehr an ein einziges System gekoppelt, sondern entsteht durch die Orchestrierung bereitgestellter Services. Dieser Funktionalitäten-Mixkann sehr flexibel auf einen konkreten Anwendungsfall zugeschnitten und auf einfache Weise an neue Gegebenheiten angepasst werden.

Grundvoraussetzung ist dazu die Fähigkeit der beteiligten Systeme, ihre Funktionen und Daten serviceorientiert in einer angemessenen Granularität zur Verfügung zu stellen. Die Services müssen eindeutig beschrieben sein (Input, Funktion, Output). Die Verbindung der Funktionen mit ihren Daten erfolgt über einen Enterprise Service Bus. Dieser unterstützt in der Zukunft nicht nur den Datenaustausch, sondern instanziiert auch Prozesse und kann eine angeschlossene, individuell anpassbare  Benutzeroberfläche zur Interaktion mit den Systemen anbieten.

Workflows ermöglichen schnelle Reaktionen: In BPMN 2.0 modellierte Prozesse werden direkt ausgeführt, die Entwicklungszyklen erheblich verkürzt. © PSI Automotive & Industry
Workflows ermöglichen schnelle Reaktionen: In BPMN 2.0 modellierte Prozesse werden direkt ausgeführt, die Entwicklungszyklen erheblich verkürzt. © PSI Automotive & Industry

Die möglich gewordene Anwendung von KI-Methoden in ERP und MES erfordert über die gesteigerte Integrationsfähigkeit hinaus ein Aufbrechen der Datensilos. Nur so kann zusätzlicher Nutzen aus den vorhandenen und noch entstehenden Datenbeständen gezogen werden.

5. Daten ressourcenschonend verarbeiten mit Edge Computing

Die wachsende Verfügbarkeit von Daten und hohen Rechenleistungen treibt die Ausbreitung von Methoden und Anwendungen der künstlichen Intelligenz voran. Mittlerweile sind Anwendungsfälle entstanden, die in Echtzeit Daten analysieren und Prozesse steuern. Ein Beispiel stellen Qualitätsmanagement-Prozesse bei automatisierten Produktionssystemen (Sichtprüfung und Sortieren) dar. Generell kann festgestellt werden: Je höher die Anforderungen an das Zeitverhalten der Anwendungen sind, um so kritischer werden - neben der Rechenleistung an sich - Bandbreite, Laufzeiten und Latenzen des Netzwerkes. Daher rücken solche zeitkritischen und/oder datenintensiven Anwendungen zunehmend in die Nähe der Entstehung der Daten - an den Rand des Produktionssystems, die "Edge".

Zu den Datenquellen gehören Maschinen und Anlagen, aber auch IoT-Devices oder Kommunikationstechnik. 5G wird in naher Zukunft große Datenraten bei sehr geringer Latenz erlauben und es wird mit steigender Datenmenge immer schwerer, diese in angemessener Zeit zentral zu verarbeiten. Eine Lösung des Problems kann eine Vorverarbeitung der Daten oder sogar der Betrieb der entsprechenden Anwendung am Ort der Entstehung sein.

Eine der Voraussetzung ist eine komponentenbasierte Architektur der Softwarelösungen. Nur so können schlanke und entsprechend performante Lösungen implementiert werden. Zum Einsatz kommen dabei beispielsweise MES, Analytics oder auch Qualitätsmanagement-Lösungen.

Es gibt weitere Gründe für eine dezentrale Verarbeitung und Speicherung von Daten. In internationalen Unternehmungen kann es erforderlich sein, dass die Daten nur lokal verfügbar und nur dort verarbeitet werden dürfen (Compliance-Anforderungen). Die Sicherheit der Kommunikation hinsichtlich der Übertragungsgeschwindigkeit und der eigenständige Betrieb der Anwendungen bei instabilen Datenverbindungen sind weitere Gründe für die Verlagerung von Funktionalitäten an den Rand des Produktionssystems.

6. Digitale Zwillinge werden erwachsen

Die fortschreitende Integration und Vernetzung des Shopfloors mit allen Systemen über alle Ebenen, vom ERP bis zur Produktionstechnik, liefert ein digitales Abbild des Produktionssystems und der durch die Fertigung laufenden Produkte. Eine Vielzahl von Daten wird erhoben und generiert Informationen über die Prozesse. Diese Informationen können vielfältig genutzt werden; sei es für die Verbesserung der Prozesse oder für den Aufbau einer produktbezogenen Genealogie.

Wie verändert der digitale Zwilling die Fertigung?

Es wird in der Zukunft noch mehr darauf ankommen, die Daten aus den Produktionssystemen vor Ort oder im Feld für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zu nutzen. Die gesamte Bandbreite analytischer Funktionen bis hin zur Anwendung künstlicher Intelligenz sollte genutzt werden. Einer der nächsten Schritte wäre z.B. die Stimulierung eines digitalen Zwillings zur Simulation zukünftiger Zustände der Fertigungsressourcen unter gedachten Auftrags- und Betriebssituationen. Die simulative Veränderung von Randbedingungen kann Schwächen oder Risiken aufzeigen und zur Untersuchung der Tragfähigkeit von Geschäfts- oder Betriebsmodellen verwendet werden. Das gesammelte Wissen über alle Belange der Fertigung, vom Engineering bis zur Lieferung und darüber hinaus über den Betrieb vor Ort wird noch besser für die Produkt- und Prozessverbesserung nutzbar.

Modell eines digitalen Zwillings. © PSI Automotive & Industry
Modell eines digitalen Zwillings. © PSI Automotive & Industry

Die Nutzung eines digitalen Zwillings kann durch standardisierte oder zumindest abgestimmte Datenmodelle in der Gesamtheit der Anwendungen in einer Smart Factory erleichtert werden. Unter der Annahme, dass die digitalen Produktrepräsentanzen von Komponenten, Devices, Maschinen, Anlagen und Erzeugnissen auf den grundlegenden Modellen einer Industrie 4.0 Verwaltungsschale basieren, wird eine teilweise Standardisierung der Überwachungs- oder sogar Simulationsmodelle möglich.

7. Fortschrittliche Planungsmodelle und Demand-Driven SCM

Die Umgebungsbedingungen für eine verlässliche Produktionsplanung unterliegen immer stärker und schneller werdenden Veränderungen. Zur Beschreibung dieser Veränderung wurde der Begriff der VUCA-World geprägt. Die Rahmenbedingungen werden volatiler, unsicherer, komplexer und mehrdeutig (Ambiguität). Letztendlich werden zukünftig Entscheidungen immer mehr unter unsicheren Rahmenbedingen getroffen werden müssen.

Diesen Bedingungen müssen auch die Planungssysteme einer Fabrik Rechnung tragen. Die Planung wird unschärfer. Anwender müssen auf andere Art und Weise als bisher (unter relativ stabilen Ausgangssituationen) bei der Entscheidung für oder gegen ein Planungsszenario unterstützt werden. Die bedarfsorientierte Planung mit der permanenten Option zur Korrektur kann zumindest eine gewisse Sicherheit bieten. Mit der Verbindung von Vergangenheitsdaten, bereits bekannten Auftragssituationen und Prognosen über das Kunden- oder Marktverhalten entstehen statistisch belastbare Planungsszenarien. Die kontinuierliche Kontrolle von Abweichungen zwischen Plan-und-Ist-Zustand liefert Informationen über die Planungsgüte und zeigt Angriffspunkte für eine Veränderung der Planung. Mit den entsprechenden Ausgangsdaten können auch hier KI-Ansätze helfen, der Volatilität der Gesamtsituation zu begegnen. Die Einbeziehung allgemeiner Markt- und Konjunkturdaten verbreitert die Entscheidungsbasis.

Im Kurzfristbereich kann dagegen mit einer mehr und mehr ereignisgesteuerten Produktion gerechnet werden. Mit ansteigender Sicherheit der übergeordneten Ebene können die Potentiale im Shopfloor bei der Durchsetzung immer besser genutzt werden.

Die Vernetzung der eigenen Planung mit den Geschäftspartnern kann ebenfalls dabei helfen, frühzeitig auf Veränderungen reagieren zu können. Hierzu kommen neben Peer-to-Peer-Netzwerken auch Plattformen und Intermediäre in Frage.

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8. KI verbessert Business Analytics

In den letzten Jahren hat auf dem Gebiet der Business Intelligence ein Wandel stattgefunden - vom klassischen Berichtswesen hin zu einer analytisch ausgelegten Plattform. Diese Plattform muss neue bzw. erweiterte Fähigkeiten besitzen. Es reicht nicht mehr aus, nachträglich (quasi post mortem) Informationen zu generieren. Es kommt immer mehr darauf an, verlässliche Forecasts zu erzeugen. Prominente Beispiele hierfür lassen sich aus den Diskussionen um Predictive Maintenance oder der Analyse des erwarteten Kundenverhaltens in modernen Demand-Driven-SCM-Lösungen ableiten. In jedem Fall geht es um Entscheidungsunterstützung der Anwender von ERP- und MES-Lösungen in einer zunehmend unsichereren Welt hinsichtlich der Rahmenbedingungen, unter denen heute geplant und produziert wird.

Diese prädiktiven (vorhersageorientiert) oder präskriptiven (normierend bzw. bewertend) analytischen Systeme nutzen zunehmend auch Verfahren der Künstlichen Intelligenz. Dies kann teilweise sogar in Echtzeit erfolgen (Edge Computing). Dazu müssen ausreichend zeitsynchrone Daten verfügbar sein. Eines der wesentlichen Unterscheidungsmerkmale dieser Anwendungen im Vergleich zu Reporting- oder herkömmlichen BI-Lösungen ist die Fähigkeit zur automatischen Generierung von Events und damit zur Auslösung von Aktivitäten durch Benutzer oder Systeme (Ausnahmen und Probleme in Prozessen identifizieren oder vorhersagen und bewerten).

Mit automatisierten Abläufen und Informationsmechanismen können darüber hinaus viel mehr Anwender von den weiterentwickelten Fähigkeiten einer durch KI angereicherten Analytik profitieren. Die Folge: Es sind weniger manuelle Eingriffe in das System nötig und damit laufen die Prozesse stabiler.

9. Energiemanagement zwischen volatiler Versorgung und Umweltschutz

Energiemanagementsysteme wurden in der Vergangenheit oftmals nur in sehr energieintensiven Branchen eingesetzt. Dazu zählen beispielsweise die Metallerzeugung oder auch die chemische Industrie.

Mit dem Klimawandel und den ehrgeizigen Zielen zur Reduktion von CO2- und anderen Emissionen rücken derartige Systeme wieder in das Rampenlicht. Die in den nächsten Jahren bevorstehende Abschaltung ganzer Kraftwerksgruppen und die zunehmende Nutzung von erneuerbaren Energien sorgt für eine schwankende Versorgungssituation. Mit der Bepreisung von CO2 entsteht auch ein neuer Kostenfaktor für produzierende Unternehmen.

Elektrische Energie wird damit zunehmend zum Planungsgegenstand. Hinzu kommt, dass in den Unternehmen mehr und mehr elektrisch angetriebene Fahrzeuge in der Logistik verwendet werden. Mit dem zu erwartenden Durchbruch der Elektromobilität auch für den Individualverkehr (Mitarbeiter, Besucher) entsteht ein Bedarf an Last- und Lademanagement.

Dieses regelt den Energiebedarf eines Unternehmens so, dass er immer möglichst ausgeglichen ist. Das bedeutet aber auch, dass bei Engpässen und drohenden Beschränkungen beim Strombezug eine Änderung der Produktionsplanung vorzusehen ist, um einen Ausfall zu verhindern. Die Leitsysteme der Fertigung (vorwiegend MES) müssen diesem Umstand Rechnung tragen und entsprechend aufgerüstet werden. Dazu gehören Simulationsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des Energieangebotes oder eine optimierte Auftrags- und Reihenfolgeplanung. Diese Optimierung muss neben Material, Personal, Durchlaufzeiten und Kosten zukünftig auch Parameter wie Energieverbrauch- und angebot sowie zu erwartende Emissionen berücksichtigen.

Die Thematik zieht sich durch alle Bereiche einer Fabriksoftware. Es beginnt bei den artikel- und ressourcenbezogenen Grunddaten und endet nicht bei den Auftragsdaten. Nachweise und ganzheitliches Management der Energienutzung gemäß ISO 50001 erfordern integrierte Ansätze der Produktions- und Energiesteuerung.

10. Nachhaltige Produktion

Die für die Produktion zur Verfügung stehenden Ressourcen sind begrenzt und die Einflussnahme des Menschen auf seine Lebensgrundlage sollte so gering wie möglich sein. Nur so finden nachfolgende Generationen eine lebenswerte Umwelt vor. Die materielle Produktion verbraucht aber Unmengen an (Energie-)Ressourcen und emittiert Schadstoffe in die Umwelt.

ERP- und MES-Lösungen müssen zukünftig unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten mehr leisten. Zu den Schwerpunkten gehören die Steigerung der Energie- und Materialeffizienz, die Unterstützung einer Kreislaufwirtschaft oder auch die Nutzung umweltfreundlicher Energiearten.

Gerade die Produktionsplanung und die eigentliche Fertigung können für die Steigerung der Nachhaltigkeit einen großen Beitrag leisten. Fortschrittliche Algorithmen bestimmen Mengen und Termine auch unter Umweltaspekten, Reihenfolgen werden optimiert und die Ressourcen bestmöglich genutzt. Up- und Recycling verringern den Einsatz von Material und Reduzieren gleichzeitig das Aufkommen an Abfall. Steigenden Rohstoffpreisen kann somit bis zu einem gewissen Grade begegnet werden.

Der Wartungszustand einer Produktionsanlage hat einen immensen Einfluss auf die Qualität der Erzeugnisse. Ausschuss und Nacharbeit können stark reduziert werden. Die Umsetzung von Predictive Maintenance-Strategien stellt den optimalen Betriebszustand und somit eine hohe Produktqualität sicher. Positiver Nebeneffekt ist ein weitgehend störungsfreier Ablauf der Fertigung.

Nachhaltige Produktion endet nicht bei Kostenefffizienz und Umweltschutz. Die Unterstützung der Mitarbeiter bei der Lösung ihrer täglichen Aufgaben ist ein wichtiger Aspekt für die Motivation bei der Arbeit. Motivierte Mitarbeiter produzieren höhere Qualität. Auch hier leisten MES-Systeme einen Beitrag mit kontextsensitiven Werkerführungs- und Informationssystemen.

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Portrait Karl Tröger

Karl Tröger

Business Development Manager PSI Automotive & Industry GmbH

Seit mehr als 20 Jahren ist Karl Tröger bei der PSI Automotive & Industry. In dieser Zeit hat er sich mit allen Aspekten von ERP-Software befasst und war in führenden Positionen in Entwicklung, Beratung und Marketing tätig. Heute versteht er sich als Bindeglied zwischen Kunden, Markt, Wissenschaft sowie Software-Entwicklung und Marketing. Der Diplom-Ingenieur der Elektronik und Nachrichtentechnik ist an der von der Bundesregierung initiierten Plattform Industrie 4.0 beteiligt und veröffentlicht regelmäßig vielbeachtete Publikationen über die Zukunft von fertigungsnaher Software.

+49 30 2801-2003
ktroeger@psi.de

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