PSI Blog

„Ohne IoT kann man die Zukunft nicht gestalten.“

24.08.2018 - Industrie 4.0, Produktion

Dr. Herbert Hadler und Dieter Deutz sind Geschäftsführer der PSI Automotive & Industry.
Dr. Herbert Hadler und Dieter Deutz sind Geschäftsführer der PSI Automotive & Industry.

Welche Chancen eröffnet die Digitalisierung für den produzierenden Mittelstand? Dieter Deutz und Dr. Herbert Hadler, Geschäftsführer der PSI Automotive & Industry, ordnen für Sie die Entwicklungen in den Feldern Optimierung von Prozessen, mobile Lösungen und Integration über Firmengrenzen hinweg ein.

Wie können produzierende Mittelständler vor den Herausforderungen durch die Digitalisierung bestehen?

Dr. Hadler: Es stellen sich zwei Aufgaben für den Mittelstand. Es geht einerseits um das Schließen aller Prozessketten durch moderne Schnittstellen, also die Integration der eigenen Systeme mit denen der Zulieferer und Kunden. Andererseits können Produzenten aus dem Mittelstand die Potentiale ihrer modernen Anlagen nutzbar machen. So kann ein Unternehmen Prozesse effizienter, kürzer und belastbarer machen.

Deutz: Und es geht noch über Transparenz sowie horizontale und vertikale Integration hinaus, denken Sie zum Beispiel an Industrial Internet of Things, Cloud Computing oder Big Data. Am Ende wird für den Mittelständler daher eine nutzengetriebene Investitionsplanung unerlässlich sein. Was ist wann wie zu tun? Die richtigen Partner sind dafür entscheidend. Wir stehen für diese Herausforderungen gerne bereit.

Wie sollten die Kernapplikationen eines Unternehmens konzipiert sein, um möglichst flexibel auf die Smarte Fabrik vorbereitet zu sein?

Dr. Hadler: Es wird zukünftig noch mehr auf offene, standardisierte und agile Systeme ankommen. Es geht weg von starren, hard-coded Lösungen und hin zum Modellieren von Businessprozessen. Eine monolithische „All in one“-Software für eine Firma wird es nicht mehr geben, dafür aber kleinere, smartere Lösungen, die über Workflows verbunden sind. Es wird auch künftig Backbone-Software geben, die aber bei Bedarf mit smarten Services, die über das Internet geladen und kurzfristig verfügbar gemacht werden, temporär ergänzt wird.

Agile Unternehmen werden sich so projektbezogen die geeignete Software und Infrastruktur maßschneidern können. Zur Abwicklung eines Großauftrages, wie der Herstellung einer großen Anlage, braucht man etwa ein Projektmanagement-Tool und eine ausgeschliffene Personaleinsatzplanung. Aber wenn das Projekt erledigt ist und der Montageauftrag ansteht, wird der Prozess vielleicht ein anderer sein. Prozessmodellierung wird also wichtiger und wir erleben derzeit konsequenterweise eine Renaissance der Business Process Management Systeme (BPM).

Deutz: Wir gehen weg vom klassischen Fließband der monolithischen Fabrik hin zum dynamischen Gesamtsystem. Daraus ergeben sich unmittelbar planerische und steuerungstechnische Anforderungen an die Kernapplikationen, die in einer agilen, service-orientierten Softwarearchitektur abgebildet sein müssen.  Applikationen werden kleiner, über BPM gesteuert und basieren auf Micro-Services. Man wird sich als User die Anwendung viel feiner abgestimmt zusammenstellen können. Für den User unnötige Prozesse und Schritte entfallen komplett.

Prozessmodellierung wird wichtiger und wir erleben derzeit konsequenterweise eine Renaissance der Business Process Management Systeme (BPM).

Dr. Hadler: Immer mehr Anwender werden mit kleinen, passgenauen Apps wie PSI Industrial Apps ausgestattet. Der Servicetechniker kann per App für den Anwendungsfall notwendige Daten direkt ins ERP spielen oder sich die für ihn relevanten Informationen beschaffen.

Deutz: Oder nehmen Sie den Fall, dass für einen großen Auftrag extern Kapazitäten hinzugekauft werden müssen. Den Dienstleistern können Sie eine App an die Hand geben, die dann alle nötigen Daten beisammen haben und direkt Rückmeldungen eingeben können.

Dr. Hadler: Das gleiche gilt für Niederlassungen im Ausland. Einem Vertriebsbüro in China können Sie etwa eine App geben, die nur Funktionalitäten enthält, die dort benötigt werden. Diese Möglichkeit bieten wir schon heute mit PSI-Click-Design, da sich dort jeder Anwender die Oberfläche auf seine individuellen Anforderungen anpassen kann. Die Agilität fängt auf der Ebene der Dialogmaske an und geht hoch bis zu den Prozessen. PSIpenta ist das einzige ERP-System, das im laufenden Betrieb, ohne Stillstand in der Produktion, Prozesse und Oberflächen umstellen kann.

Wie lassen sich mithilfe der passenden IT-Umgebung neuartige Geschäftsmodelle erfolgreich umsetzen?

Dr. Hadler: Nehmen Sie etwa unseren Kunden, die Rhätische Bahn, mit dem wir eine schöne Servicemanagement-Lösung entwickelt haben. Fahrgäste können jederzeit per App einen Mangel – zum Beispiel einen Fleck auf ihrem Sitz - melden und dieser geht direkt ins ERP-System. Mein Kunde sagt mir, wo mein Produkt ein Problem hat. Ein völlig neues Geschäftsmodell! Mit Prognosetechnologien wie Predictive Maintenance können Sie das Ganze dann umdrehen. Hier können Lieferanten ihren Kunden sagen, wo und wann ihre Produkte ein Problem bekommen werden.

Deutz: Nochmal weitergedacht werden Unternehmen in Zukunft nicht mehr Maschinen sondern vielmehr Produktionsstunden verkaufen. Der Lieferant sorgt dafür, dass der Endkunde möglichst viele Produktionsstunden auf einer Maschine nutzt.

Dr. Hadler: Und dann gibt es noch den Fall unseres Kunden Mosca GmbH, der Umreifungsmaschinen herstellt. Die Maschinen stellen fest, wenn das Verpackungsmaterial verbraucht ist und lösen vollautomatisch eine Neubestellung aus. Hier wird das Geschäftsmodell also um den Vertrieb des Verbrauchmaterials verlängert.

Experten für die Chancen der Digitalisierung des produzierenden Mittelstandes.
Experten für die Chancen der Digitalisierung des produzierenden Mittelstandes.

Wie wichtig ist das Zusammenspiel mit Plattformen aus dem Bereich „Internet of Things“ – kurz IoT?

Deutz: Bis dato weiß man – einfach gesprochen - nur wann Material in der Produktion ankommt, verarbeitet oder weitertransportiert wird. Wege, Zeiten und Zustände sind dagegen weitestgehend unbekannt. Mit IoT wird sich das vollkommen ändern.

Wenn Sie in Zukunft Materialstücke zusammenbauen oder transformieren, dann können Sie Umgebungsparameter und Fertigungsergebnisse nach jedem einzelnen Schritt direkt mitprotokollieren. Mit unseren Lösungen können sich Prozesse individuell für das einzelne Materialstück auf den nächsten Schritt adaptieren, beispielsweise Vorgabeparameter wie Geschwindigkeit oder Anpressdruck, um im angestrebten Qualitätsspektrum zu bleiben. Das bedeutet selbst lernende Systeme, die sich effizienter und besser machen.

Predictive Quality kennen wir schon aus der Serienfertigung, nun wird es auch für Einzelstücke möglich. Die smarte Fabrik der Zukunft wird durch IoT sehr genaue Vorhersagen über die Qualität der Einzelstücke machen, denn es werden vielmehr Daten zum Einzelstück zu jedem Zeitpunkt zur Verfügung stehen.

Dr. Hadler: Wenn sich IoT durchsetzt, und das wird es, werden Datenintegrationssysteme noch wichtiger. Ein starker ERP- und MES-Partner wird für den Mittelstand essentiell, denn nur so können die vom Lieferanten mitgegebenen Informationen in der Produktion korrekt umgesetzt werden.

Deutz: Fundamentale Auswirkungen wird es auch in der Logistik geben. Unternehmen werden anders mit Materialströmen umgehen. Chaotische Lager werden möglich, denn IoT-Chips können jederzeit mitteilen an welchem Ort sich welches Stück befindet. Ohne IoT kann man die Zukunft nicht gestalten.

Welche Rolle werden Technologien wie die Künstliche Intelligenz im Produktions- und Logistikumfeld spielen?

Dr. Hadler: KI wird revolutionär, keine Frage. Produktion und Logistik werden beschleunigt und fehlerfrei. KI-Methoden werden aber nur da wirken können, wo eine solide Datenbasis vorhanden ist.

Das bedeutet selbst lernende Systeme, die sich effizienter und besser machen.

Deutz: Im industriellen Produktionseinsatz haben Sie außerdem ganz andere Anforderungen an Zuverlässigkeit als im Consumer Market. Wir haben bei PSI etwa eine KI-basierte Koffererkennung entwickelt. Da benötigen Sie 100% Zuverlässigkeit, denn wer will schon mit einem beschädigten oder falschen Koffer vom Flughafen nach Hause gehen? Genauso verhält es sich in der Fabrik. Hier kann man etwa einer KI nicht die Zeit geben, herauszufinden, wie ein Auto zusammengesetzt wird. Für diese Zuverlässigkeit, aber auch die Verringerung der Lernphasen einer KI oder das Fällen neuartiger Entscheidungen ist die Kombination verschiedener KI-Methoden wie neuronale Netze oder Fuzzy-Logik entscheidend. Wir sprechen daher in diesem Zusammenhang von Industrial Intelligence und haben jahrelange Erfahrung mit deren Einsatz in der Industrie.

Welche Erfahrungen haben Sie in diesem Bereich mit ersten Kundenbeispielen gemacht?

Dr. Hadler: Außerordentlich gute! Wenn es um komplexe Auftragsnetze geht, müssen alle Möglichkeiten und Kombinationen bedacht werden und KI kann hier besser als der Mensch eine optimale Reihenfolgeplanung erstellen. Das KI-basierte Qualicision von PSI ermöglicht es etwa, über die Werksgrenzen zweier Unternehmen hinweg, übergreifende Fertigungsnetze zu optimieren. Mittels Advanced Planning & Scheduling haben wir bei vielen Kunden Materialwirtschaft und Fertigung optimal abgestimmt, sodass Durchlaufzeiten und Bestände reduziert werden konnten. Wir können mit unseren Kunden also eine effizientere, sauberere Produktion bewerkstelligen. Unsere BI-Lösung "Smart Planning & Analytics" liefert währenddessen Entscheidungsunterstützung und hilft so Geschäftsmodelle weiter zu optimieren.

Deutz: Als Branchenexperte sind wir nah dran an den Alltagssorgen unserer Kunden. Wir haben vielfältige Erfahrungen damit, Kunden auf dem Weg zu Industrie 4.0 zu begleiten. Derzeit implementieren wir für unseren Kunden e.GO Mobile AG eine hochagile MES-Lösung für die Elektroauto-Serienfertigung, die das Modellieren von Prozessen in der Produktion ins Zentrum rückt.

Felix Saran

Content Marketing Manager PSI Automotive & Industry GmbH

Nach mehreren Stationen in Redaktionen und der Musikbranche kümmert sich Felix Saran heute um fachkundige Texte und Inhalte für die PSI Automotive & Industry. Besonders gern erzählt er gute Geschichten und führt Interviews mit Kunden oder Kollegen zu den Zukunftsthemen im Bereich ERP + MES. In seiner Freizeit besucht der Marketingspezialist Konzerte oder ist in spannenden Restaurants zu finden.

+49 30 2801-2130
fsaran@psi.de

Facebook-Logo
Xing-Logo
Linkedin-Logo