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Alt und neu vernetzt: Erfolgreich auf E-Mobilität umrüsten

30.04.2020 - Verkehr, Energie, Technologie, Nachhaltigkeit

Quelle: Adobe Stock/THINK b
Quelle: Adobe Stock/THINK b

Die Elektromobilität stellt den öffentlichen Nahverkehr vor große Herausforderungen: Dieselfahrzeuge ablösen und künftig flächendeckend emissionsfreie Elektrobusse einsetzen. Unter den Verkehrsunternehmen ist jetzt Know-how gefragt, um betriebliche Abläufe anzupassen und neue Technologien einzuführen. Dispositionssysteme bieten zwar technisch viele Möglichkeiten, doch insbesondere der Wandel auf Mitarbeiterebene und fehlende Echtzeitdaten aus den Fahrzeugen stellen aktuell immer noch eine Hürde dar.

Immer mehr deutsche Städte haben sich entschieden E-Busse zu testen und binden diese nach und nach in ihr öffentliches Nahverkehrsnetz ein. Sie alle stehen vor großen Herausforderungen und setzen die Umstellung zur E-Mobilität überwiegend in kleinen Schritten um. Das bedeutet, es herrscht zunächst ein Parallelbetrieb der alten und neuen Fahrzeuge sowie der zugehörigen Systeme.

Wesentliche Kriterien sind dabei z. B. der Aufbau einer leistungsfähigen Ladeinfrastruktur inklusive ausreichender Stromversorgung sowie die Beachtung von Zusammenhängen zwischen Ladeplanung, Dispositionssteuerung und Umlaufplanung. Hier kommt nicht zuletzt auch die Reichweitenproblematik zum Tragen. Sie hängt maßgeblich vom Fahrzeug- und Batterietyp ab, wird aber auch von anderen, äußeren Faktoren beeinflusst, die bei der Planung und Steuerung berücksichtigt werden müssen.

In diesem Zusammenhang setzt die neue Technologie neue Berufsbilder voraus und wirkt sich gleichzeitig auf die bestehenden Rollen aus, in die die Mitarbeiter langsam hineinwachsen müssen. 

Computermaus statt Schraubschlüssel

Auch für die Mitarbeiter in der Fahrzeugversorgung ändern sich die Arbeitsbedingungen. Quelle: PSI

Geht es im ÖPNV um die Umstellung auf Elektromobilität, gerät der Faktor Mensch allzu oft aus dem Fokus. Dabei zeigen erste Erfahrungen aus der Praxis, wie wichtig es ist, die Mitarbeiter von Anfang an mitzunehmen. Gerade Verkehrsbetriebe suchen aktuell händeringend nach Personal und zwar nicht nur für den Fahrbetrieb, sondern vermehrt auch der Betrieb einer E-Flotte, die auch nur durch Menschenhand möglich ist.

Wie in vielen anderen Industriezweigen steht während Transformationsprozessen, insbesondere der Mensch im Mittelpunkt des Change-Management-Prozesses. Während sich für den Busfahrer vergleichsweise wenig ändert, verschieben sich in den Werkstätten die Anforderungen in Richtung Elektrotechnik und IT. Denn elektrobetriebene Busse sind im Grunde rollende Computer, die über Diagnosesoftware und via mobile PCs ausgelesen und konfiguriert werden. Anders ausgedrückt, ersetzt hier künftig also die Computermaus den Schraubschlüssel. Nicht jeder Mitarbeiter ist zu diesem Rollenwechsel per se bereit oder aus dem Stand in der Lage.

Unternehmen sind gefordert, ihre Mitarbeiter von Anfang an mit ins Boot zu holen, sie für die Umstellung des Betriebs zu motivieren und etwa durch Schulungen rechtzeitig auf neue Aufgaben vorzubereiten.

Das trifft außerdem auch auf Disponenten zu. Bei kleinen E-Bus-Fahrzeugflotten ist eine papierhafte Disposition meist noch möglich, aber natürlich nicht so effizient, wie mit entsprechender Software. Die zu berücksichtigenden Zusammenhänge zwischen Ladelogistik, Dispositionssteuerung und Umlaufplanung haben jedoch neue Randbedingungen, bei denen die bisherigen Erfahrungen nur bedingt helfen können. 

Die nötigen Berechnungen und Planungen übernehmen künftig ausnahmslos Softwaresysteme. Ein Disponent nimmt in diesem Kontext die nicht minder wichtige Rolle der Betriebsüberwachung wahr, der erst bei Abweichungen aktiv angreift. 

Maximales Potenzial erst mit Hilfe von Echtzeitdaten

Dispositionssysteme für Verkehrsbetriebe, welche Ladelogistik, Dispositionssteuerung und Umlaufplanung in Einklang bringen, gibt es bereits. Gesamtlösungen wie z. B. das Depot- und Lademanagement-System PSIebus berücksichtigen darüber hinaus auch die Anschlussleistung und verbinden folglich das Wissen um die Abläufe im ÖPNV mit denen der Energieversorgung.

Das System der PSI Transcom ist beispielsweise bereits erfolgreich bei der Hamburger Hochbahn im Einsatz. Im Parallelbetrieb mit Dieselbussen steuert das System die tägliche Ladung und die mit Priorität einzusetzenden E-Busse mit einer Ladeleistung von etwa fünf Megawatt und schickt sie geladen, gereinigt, gewartet und bedarfsgerecht vorkonditioniert auf die passenden Umläufe – entsprechend ihrer aktuellen Reichweite.

PSIebus steuert erfolgreich die neue E-Bus-Flotte der HOCHBAHN. Quelle: PSI

Maximal ausschöpfen können intelligente E-Bus-Systeme ihr Potenzial aber erst dann, wenn sie mit ausreichend Echtzeitdaten aus den Fahrzeugen versorgt werden.

Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass die Hersteller in den nächsten Jahren weitere Daten zur Verfügung stellen, auch die OEMs (Original Equipment Manufacturer) selbst befinden sich noch im Lernprozess.

Notwendig sind z. B. erweiterte Standardschnittstellen zu den Batteriemanagement-Systemen, um neben den aktuellen Ladezuständen auch altersbedingte Minderleistungen der Batterien auszulesen und somit ständig mit den übrigen Planungen abgleichen zu können. Hierbei kommt die Stärke des Algorithmus vom System PSIebus zum Ausdruck, welche insbesondere die Batteriealterung in der Kalkulation der möglichen Reichweite berücksichtigt, um damit die Prognose noch präziser zu machen.

Die fehlenden Standards führen dazu, dass es aktuell eine große Vielzahl an individuellen Lösungen gibt. Das erschwert den Betrieben nicht nur die Auswahl, sondern auch die konkrete Realisierung von E-Mobilitätsprojekten. 

Es geht noch mehr

Fakt ist: Der Start in die Elektromobilität ist nur selten auf der grünen Wiese möglich. Es gilt nicht nur, die Flotten Schritt für Schritt umzustellen und neue in alte IT-Lösungen zu integrieren, sondern vor allem auch Mitarbeiter mit Fingerspitzengefühl an neue Aufgaben heranzuführen.

Gleichzeitig sind bereits technisch ausgereifte Dispositionssysteme im Einsatz, die für einen effizienten und sicheren E-Betrieb Sorge tragen. Stellen Fahrzeughersteller zudem künftig mehr Daten zu den On-Board-Systemen zur Verfügung, welche die stationären Systeme mit Echtzeitdaten versorgen, können Unternehmen des ÖPNV mit vereinfachten Projektstrukturen und weiteren Effizienzgewinnen im Betrieb rechnen.

Eric Nöh, Vertriebsleiter

Im Interview erläutert Eric Nöh, Vertriebsleiter bei der PSI Transcom GmbH, die aktuellen Herausforderungen des ÖPNV, aber auch die damit einher­gehenden Chancen, deren Entwicklung noch am Anfang steht.

Worin sehen Sie aktuell noch den größten Handlungsbedarf bzw. die vielversprechendsten Potenziale, wenn es um die Umstellung auf emissionsfreien ÖPNV geht?

Heute gleichen IT-Systeme teilweise die fehlende Reife alternativer Antriebstechnologien intelligent aus. In der Weiterentwicklung dieser Technologien stecken also zweifelsohne auch die größten Potenziale für weitere Effizienzgewinne im Betrieb. Ich denke da an die Reichweitenproblematik, aber auch an die im Beitrag angesprochene Schnittstellenproblematik zur Bereitstellung von Fahrzeugdaten in Echtzeit. Großes Potenzial sehe ich vor allem aber auch in der Weiterentwicklung der Energiekonzepte.

Können Sie diesen Punkt ein wenig ausführen? Wie können zukünftige Energiekonzepte im ÖPNV aussehen?

Lassen Sie uns hierzu erst einmal auf den aktuellen Stand schauen. Heute gibt es Ladekonzepte, die auf den aktuell verfügbaren Stromnetzkapazitäten aufbauen. PSIebus prognostiziert z. B. unter Zuhilfenahme von Methoden der Künstlichen Intelligenz den gesamten Energiebedarf zum Laden der Fahrzeugflotte über den Tag. In die Berechnung fließen fixe Stammdaten der einzelnen Fahrzeuge, aber auch Einflussfaktoren wie Außentemperatur, Batterieart und Batteriealter mit ein.

Fakt ist aber, dass Busse durch bewusste Sicherheitspuffer mit einer Restladung ins Depot zurückgebracht werden. Spannend ist künftig daher das Thema der Rückspeisung. Dabei wird zum Beispiel diskutiert, ob und wie die Unternehmen ungebrauchte Ladekapazitäten im Rahmen eines V2G (Vehicle-to-Grid)-Konzeptes nutzen bzw. recyceln könnten. Denkbar sind z. B. die Anbindung bzw. Stromversorgung des eigenen Betriebshofs. Gegebenenfalls ist aber sogar ein Weiterverkauf möglich. 

Gibt es zum Thema der Rückspeisung schon konkrete Projekte?

Ja, auf jeden Fall. Der PSI-Konzern, insbesondere der Bereich Elektrische Energie, beschäftigt sich schon seit einiger Zeit mit den Themen des intelligenten Lade- und Lastmanagements.  Hierbei zeigt sich jedoch, dass die Lösungen dem Markt noch weit voraus sind, denn aktuell ist die Nachfrage seitens der Kunden im Bereich des Lastmanagements nach Systemen zur intelligenten Steuerung der Primärregelleistung noch nicht da.

Diese Themen kommen erst langsam auf die Agenda der laufenden Projekte. Die Vorlaufzeit ist daher noch sehr groß. Auf der anderen Seite befindet sich die PSI aber bereits mit diversen Verteilnetzbetreibern in Deutschland in Gesprächen zu möglichen Pilotprojekten hierzu. Dabei zeigen sich die Vorteile der Kunden, die sich noch im Verbund der Stadtwerke befinden und damit Verkehrsbetrieb und Energieversorger dieselbe Muttergesellschaft haben.

"Verkehrsbetriebe können auch von der Stärke bereits bestehender Softwarelösungen im ÖPNV und Energieversorgungsbereich profitieren, insbesondere wenn die E-Mobilitätsprojekte mit den lokalen Verteilnetzbetreibern zusammengeführt werden."

Vorteile von PSIebus auf einen Blick

  • Kombinierte Lösung für Fahrzeugdisposition und Lademanagement mit modularem Aufbau aus einer Hand
  • 100% Verfügbarkeit der Fahrzeuge im täglichen Betrieb
  • Einsparungen bei Netzentgelten durch Smart Grid-Betrieb und netzdienliches Laden
  • Reduzierung und optimierte Ausnutzung der Ladeinfrastruktur
  • Herstellerunabhängigkeit durch Unterstützung diverser Ladesäulen und Busse
  • Optimierung aufgrund vieler Freiheitsgrade
  • Systembetrieb in der Cloud
  • Zukünftig Unterstützung von Vehicle to Grid

Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema?

Eric Nöh

Leiter Vertrieb ÖPNV PSI Transcom GmbH
Telefon: +49 30 2801-1680

Eric Nöh verantwortet bei der PSI Transcom GmbH den internationalen Vertrieb für ITCS- und Betriebshof-Management-Systeme.