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Blockchain in Deutschland – Was kommt nach dem Hype?

24.11.2021 - Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz, Produktion

Quelle: istock_onespirit
Quelle: istock_onespirit

Über 10 Jahre sind vergangen, als ein Whitepaper erstmals die Grundzüge einer Kryptowährung beschrieb. Es ging um den Bitcoin und die zugrunde liegende Distributed-Ledger-Technologie. Aber wo stehen wir heute? Was ist aus dem vorhergesagten Potenzial der Technologie geworden? Und nicht zuletzt: Welche Anwendungsfälle gibt es in Produktion und Logistik?

Zur Erinnerung: Für das Privatleben verspricht die Blockchain eine Welt ohne Notare, Vermittler oder Kontrollinstanzen. Für das Geschäftsleben öffnet sich durch sie die Chance auf neue Geschäftsmodelle. Der Kern: sichere und transparente Abläufe durch die Wissen, Werte oder sogar Software manipulationssicher im Netz hinterlegt werden. Diese Vision zeigt, wie weit die Strukturen und Grundprinzipien der heutigen betriebswirtschaftlichen Anwendungen noch von der Blockchain-Technologie entfernt sind.

Während die Möglichkeiten der neuen Technik klar sind, ist ihre Nutzung in einem von Legacy-Systemen geprägten Umfeld nicht ohne weiteres möglich. Denn moderne Komponenten wie z. B. KI-Anwendungen oder eben Blockchain-Techniken lassen sich nicht in den Code monolithisch strukturierter Systeme integrieren. Eine Verbindung ist allenfalls über aufwendige Schnittstellen möglich, die wiederum in den meisten Fällen einer umfassenden Nutzung entgegenstehen.

Was ist Distributed-Ledger-Technologie?

Distributed Ledger Technology (DLT) ist eine spezielle Form der elektronischen Datenverarbeitung und -speicherung. Die dezentrale Datenbank, auch „Distributed Ledger“ genannt, erlaubt Netzwerkteilnehmern eine gemeinsame Schreib- und Leseberechtigung.

Dies gilt auch für die Mehrheit aller weiteren Sektoren in Deutschland. So stellt der Branchenverband Bitkom in einer Blockchain-Studie aus dem Jahr 2019 fest, dass deutsche Manager mehrheitlich Blockchain zwar für zukunftsweisend halten, aber nur 2 % die Technologie bereits nutzen. Mehr als 50 % der Unternehmen haben sich noch nicht einmal mit der Technologie beschäftigt. 80 % sehen keinen Anwendungsfall für sich.

Lediglich 2 % aller Unternehmen in Deutschland setzen die Blockchain-Technologie bereits ein.

Das ist im Ausland anders. In Italien etwa wird die Technologie für die Vernetzung von Banken eingesetzt, in Dänemark gibt es Projekte in der Logistik. In Indien wird Blockchain als Zukunftstechnologie besonders gefördert. Was ist also zu tun in Deutschland? Besteht überhaupt Handlungsbedarf?

Blockchain in Deutschland?

Unbedingt. Gerade weil sich an der Erkenntnis hinsichtlich ihrer Potenziale nichts geändert hat. Im Gegenteil: Die Technologie hat das Zeug zu einem echten Gamechanger – angefangen von z. B. Smart Contracts bis hin zu Softwarelösungen in kritischen Infrastrukturen. Und dazu muss sie sich verbreiten.

Das hat auch die deutsche Bundesregierung erkannt und in einem Blockchain-Strategiepapier einen Kurs vorgegeben – über 44 aufgelistete Maßnahmen inklusive. So bleibt die Hoffnung, dass das Papier tatsächlich in den verschiedenen Ministerien ankommt, die längst überfällige Aktivitäten initiieren und dann konsequent vorantreiben. Handlungsbedarf sieht auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Er hat im Juli 2021 ein Gremium zur Verbreitung der Blockchain-Technologie bei den Mitgliedsunternehmen gegründet. Vorrangiges Ziel dabei ist konkrete Anwendungs­möglichkeiten zu finden.

Aus der Perspektive des Maschinen- und Anlagenbaus unterstützt die Blockchain-Technologie heutige Ansätze im Umfeld der Plattformökonomie oder gibt dem Einsatz von vertrauenswürdigen Workflow-Techniken Vorschub.

Generell geht es immer darum, nachvollziehbare und manipulationssichere Transaktionen zu unterstützen. Dies wiederum entspricht der Grundidee der Blockchain-Technologie.

Blockchain vor dem Hintergrund der Corona-Krise

Wie groß der Handlungsbedarf nicht nur in Hinblick auf potenzielle Chancen ist, wurde der Wirtschaft schließlich schmerzhaft durch die Corona-Pandemie vor Augen geführt. Themenkomplexe wie Digitalisierung im Allgemeinen und Lieferkettenmanagement im Besonderen etwa haben innerhalb kürzester Zeit eine komplett andere Bedeutung erhalten. Sie haben sich von einem „Nice-to-have“ (mit dem Maßstab eines industriellen Zyklus) zu einem „Must-have“ in nahezu jeder Industrie gewandelt.

So hat sich herausgestellt, dass die industrielle Produktion extrem anfällig gegenüber Störungen in den Lieferketten ist. Chipmangel oder nicht verfügbare Seefracht-Container sind nur zwei prominente Beispiele, die es dem produzierenden Gewerbe schwermachen, seine Ziele zu erreichen. Die folgerichtige Frage muss daher lauten, ob wir in der Vergangenheit einfach nur Glück hatten, dass alles so reibungslos funktionierte.

Supply Chain Management mit PSIpenta ERP – modernes SCM für den fertigenden Mittelstand. Quelle: PSI Automotive & Industry

Automatisierte, schnelle und sichere Transaktionen

Fest steht: Die Herausforderungen der Zukunft müssen besser gemeistert werden. Die zentralen Erfolgsfaktoren sind: die Geschwindigkeit und die Automatisierung von Geschäftsprozessen. Mit ihnen gehen aber eben erhöhte Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit und Sicherheit von Transaktionen zwischen Geschäftspartnern einher – automatische Transaktionen wohlgemerkt. Unter diesen Gesichtspunkten wird die Verbreitung der Blockchain-Technologie einen neuen Auftrieb bekommen.

„Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ (Victor Hugo, politisch engagierter franz. Schriftsteller)

Die Welt ist jedenfalls mental vorbereitet auf Smart Contracts und automatisches Lieferkettenmanagement. Erstere werden vor allem im Umfeld des Internet-of-Things (IoT) oder Finanztransaktionen und damit verbundenen Applikationen eine Rolle spielen. Hier, ebenso wie bei digitalisierten, automatisierten Geschäftsprozessen ist ein hohes Level der Transaktionssicherheit gefordert. Im Lieferkettenmanagement wird diese durch verteilte Konsensbildung und Irreversibilität innerhalb der Blockchain gewährleistet.

Next Level Supply Chain Management

Noch ist die Blockchain in Deutschland nicht vollends angekommen. Inzwischen ist jedoch zu erwarten, dass durch den Einsatz der Blockchain-Technologien neue Geschäftsmodelle und stabilere Lieferbeziehungen und vor allem eine größere Agilität in der Geschäftstätigkeit entstehen werden. Damit das angestrebte „Next Level“ im Supply Chain Management in Reichweite kommt, ist zunächst die Stagnation bei der Entwicklung und Umsetzung von Blockchain-Anwendungsfällen zu überwinden.

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Karl Tröger

Business Development Manager PSI Automotive & Industry GmbH

Seit mehr als 20 Jahren ist Karl Tröger bei der PSI Automotive & Industry. In dieser Zeit hat er sich mit allen Aspekten von ERP-Software befasst und war in führenden Positionen in Entwicklung, Beratung und Marketing tätig. Heute versteht er sich als Bindeglied zwischen Kunden, Markt, Wissenschaft sowie Software-Entwicklung und Marketing. Der Diplom-Ingenieur der Elektronik und Nachrichtentechnik ist an der von der Bundesregierung initiierten Plattform Industrie 4.0 beteiligt und veröffentlicht regelmäßig vielbeachtete Publikationen über die Zukunft von fertigungsnaher Software.

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