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ÖPNV mit Mehrwert: Cloud steuert Busse und Bahnen

05.11.2019 - Verkehr, Technologie, Nachhaltigkeit

GVB Amsterdam setzt auf modernes Betriebsleitsystem. Quelle: LuckyStep/stock.adobe.com
GVB Amsterdam setzt auf modernes Betriebsleitsystem. Quelle: LuckyStep/stock.adobe.com

Die Zufriedenheit der Fahrgäste des Öffentlichen Personennahverkehrs steht im Mittelpunkt der Verkehrsbetreiber. Das gilt auch für Amsterdam, wo die GVB die Verantwortung trägt. Pünktlichkeit und Informationsversorgung lauten hier die zwei wichtigsten Schlagworte. Ein zentrales Element zur Erfüllung dieser Ziele ist das Betriebsleitsystem (ITCS). Das erfuhr erst kürzlich ein umfassendes Upgrade und wurde anschließend in die neue Cloud-Struktur des Verkehrsunternehmens migriert.

Amsterdam ohne Busse, Straßenbahnen und Metro? Wer schon einmal in Amsterdam war, weiß: Das ist undenkbar. In kaum einer anderen Stadt erfreut sich das städtische Netz einer solch großen Beliebtheit. Kein Wunder, denn mit 

  • 43 Buslinien,
  • 15 Straßenbahnlinien,
  • 4 Metrolinien,
  • 6 Fährverbindungen und
  • 200 Bussen und Straßenbahnen

kann man an ziemlich jeden Ort in der Stadt gelangen.

Komplexes Liniennetz und großer Fuhrpark bedürfen unterstützender IT-Systeme

Für den Bus- und Straßenbahnbetrieb mit jeweils 200 Bussen und Straßenbahnen setzt die GVB bereits seit 2006 auf das Betriebsleitsystem (ITCS) der PSI Transcom, das auf der Systemplattform PSItraffic basiert. Das System ist der Dreh- und Angelpunkt für die Pünktlichkeit der Fahrzeuge und die hohe Leistungsfähigkeit der Fahrgastinformation, denn hier laufen sämtliche Informationen in der Leitstelle zusammen. 

Rund 900 000 Fahrgäste nutzen täglich die Busse und Trams der GVB. Quelle: GVB
Rund 900 000 Fahrgäste nutzen täglich die Busse und Trams der GVB. Pünktliche Busse und Bahnen sowie die schnelle und präzise Informierung der Fahrgäste haben oberste Priorität. Quelle: GVB

Gründe für die Einführung des ITCS im Jahr 2016

Damals beklagten die Amsterdamer den unpünktlichen ÖPNV ihrer Stadt und fühlten sich bei Fahrplanabweichungen unzureichend informiert. Die GVB führte daher ein neues Leitstellensystem ein und rüstete in diesem Zuge das gesamte Streckennetz mit einer großen Anzahl an Anzeigern auf. Auch ein Relaunch der Webseite und Launch einer Fahrgast-App gehörten zur Initiative. Zum Einsatz kommen seither sämtliche Funktionen eines Leitsystems, die das ITCS zum großen Teil bereits im Standard bietet, wie z. B. die permanente Verfolgung der Fahrzeuge  oder die Anzeige dynamischer Fahrgastinformationen.

Das Ergebnis: Deutlich weniger Fahrplanabweichungen, eine bessere Fahrgastinformation und  zufriedenere Fahrgäste.

Informationen im Sekundentakt

Nach einem umfangreichen Upgrade des Betriebsleitsystems im Jahr 2016 kann die GVB auf eine moderne Oberfläche und zugleich auf ein modularisiertes, zukunftsorientiertes System aufbauen. Denn neben vorhandenen Standardschnittstellen, wie z. B. der VDV, kann es um weitere Schnittstellen zu Systemen anderer Hersteller erweitert werden – ein zentrales Qualitätskriterium moderner Softwarelösungen.

Und noch ein Ziel stand im Rahmen des Upgrades im Fokus: Die Bestimmung der Fahrzeugposition sollte noch genauer werden und mit ihr die Qualität der Verkehrslenkung und Fahrgastinformation weiter steigen. Bis zu diesem Zeitpunkt erfasste das System lediglich die Position eines Fahrzeugs beim Verlassen einer Haltestelle und informierte darüber hinaus erst bei einer zeitlichen Planabweichung ab 60 Sekunden. Dieser Automatismus sollte auf 15 Sekunden reduziert werden, einerseits um den Disponenten eine noch bessere Übersicht etwa für Reaktionen bei Abweichungen zu bieten und andererseits, um die Fahrgäste noch schneller und präziser zu informieren. 

Johannes Kremp, Projektleiter bei der PSI Transcom:

„Wir sind hier auf Wunsch der GVB sogar noch einen Schritt weitergegangen und testen im Moment parallel zur 15-Sekunden- Lösung auch eine zyklische Positionsmeldung. In beiden Fällen wird die Leitstelle künftig über eine Übersicht fast in Echtzeit verfügen. So oder so bedeuten die Lösungen aber auch eine höhere Last auf das System, das nun deutlich mehr Daten aufnehmen und verarbeiten muss.”

Erste Messungen ergaben bereits, dass sich die Verzögerung zwischen einer Fahrzeugmeldung und der Anzeige in der Fahrgastinformation um beinahe 50 Prozent verringert hat. Zudem ermöglicht das neue System schnellere und effizientere Dispositionsentscheidungen. Bei Störungen im Fahrbetrieb werden die Fahrgäste nun wesentlich schneller und genauer über Fahrplanänderungen informiert.

Neu- und Altsystem im Parallelbetrieb

Inzwischen werden Neu- und Altsystem bis zur vollständigen Migration über ein intelligentes Bridge-Konzept parallel geführt und getestet. Das heißt, die Systeme werden jeweils mit allen Daten der angeschlossenen IT-Lösungen versorgt und Eingaben, die über das Altsystem erfolgen, werden automatisch auch in das Neusystem übertragen und andersherum. Kremp dazu:

„Wir können auf diese Weise genau vergleichen, wie sich welches System verhält und bei ungewollten Abweichungen im Neusystem justieren. Vor allem haben die Disponenten auch die Chance, metaphorisch gesprochen, schrittweise über die neue Brücke zu gehen. So können sie bestimmte Eingaben im Neusystem machen, während sie in anderen Bereichen noch im Altsystem arbeiten. Sie entscheiden also selbst, wann sie den Wechsel vollständig vollziehen wollen.“

Migration in die Cloud

Neu ist aber inzwischen nicht nur das ITCS, sondern auch der fast vollständige Betrieb in der Cloud. Denn noch während des Upgrades beschlossen die Verantwortlichen der GVB mit der gesamten IT in die Azure-Cloud von Microsoft zu migrieren – das PSI-Betriebsleitsystem inklusive.

Die Vorteile für ein Unternehmen des ÖPNV decken sich mit den generischen Vorteilen einer Cloud-Lösung. Neben der Kostenersparnis durch den Wegfall der Anschaffungs- und Wartungskosten für Hardware kommt vor allem auch die Skalierbarkeit zum Tragen.

Zwar kommt es zu keinen großen Änderungen hinsichtlich der Größe der Fahrzeugflotte, aber funktional, z. B. für einen erhöhten Nachrichtenaustausch bzw. die Leistungsfähigkeit der eingesetzten Server hat das durchaus Relevanz. 

So laufen die Client-Systeme und damit vor allem auch die von den Disponenten genutzten Oberflächen unabhängig vom Backend und auf beliebigen Umgebungen, angefangen vom Desktop-PC, über Virtualisierungen (Citrix, Cloud) bis hin zu einer Smartphone- App. Das Backend-System, bestehend aus Datenbanken- und Applikationsservern, läuft hingegen in aller Regel auf On-Premise-Systemen – bei der GVB nun autark in der Cloud, bzw. über die Remote-Dienste des Cloud-Anbieters.

Die PSItraffic-Benutzeroberfläche mit verschiedenen Sichten. Quelle: PSI Transcom GmbH
Die PSItraffic-Benutzeroberfläche mit
verschiedenen Sichten.
Quelle: PSI Transcom GmbH
Die PSItraffic-Heatmap zeigt die Pünktlichkeit  der Fahrzeuge an. Quelle: PSI Transcom GmbH
Die PSItraffic-Heatmap zeigt die Pünktlichkeit
der Fahrzeuge an.
Quelle: PSI Transcom GmbH

Der kritische Punkt war also das Netzwerk-Routing bzw. die initiale Verbindungsherstellung. Diese stellt sicher, dass alle Systeme, die mit dem Betriebsleitsystem im Austausch stehen, erreicht werden. Dazu zählen:

  • die Kommunikation mit der Fahrzeugflotte,
  • die Ansteuerung des Weichensystems,
  • alle Datenbanken, die noch nicht in die Cloud migriert sind oder
  • die Datendrehscheibe, über die sämtliche Anzeiger angesteuert werden.

Inzwischen läuft das gesamte Backend-System also vollständig in der Cloud, der ITCS-Client ist Citrix-basiert. Für die rechenintensiven Arbeitsplätze der Disponenten mit vielen Bildschirmen und Sichten folgte die GVB zudem der Empfehlung der PSI-Berater, auch zukünftig auf physische Rechner zu setzen, um keine Latenzprobleme zu erzeugen.

Die Vorteile eines cloud-basierten Betriebsleitsystems (ITCS)

  • Schnelle Einführung
  • Geringe Investitionskosten
  • Sofortige Skalierbarkeit
  • Keine Wartung
  • Standortunabhängiger Zugriff

Weitere Informationen zum Betriebsleitsystem PSItraffic/ITCS

Eric Nöh

Leiter Vertrieb ÖPNV PSI Transcom GmbH
Telefon: +49 30 2801-1680

Eric Nöh verantwortet bei der PSI Transcom GmbH den internationalen Vertrieb für ITCS- und Betriebshof-Management-Systeme.